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Dass es die richtige Entscheidung war, merkt man manchmal erst hinterher.

Ist die Behandlungsqualität einer Psychotherapie messbar?

Von: Dipl.-Psych. Alexander Georgi | 07.03.2017

Qualitätsmessung im Sigma-Zentrum

Für einen Patienten und seinen einweisenden Arzt ist es sehr wichtig, erkennen zu können, dass die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungseinrichtung ihre Behandlungsverfahren ständig selbstkritisch hinterfragt und mit den international erhobenen, wissenschaftlichen Erkenntnissen abgleicht. Im Qualitätsmanagement des Σ Sigma-Zentrums betreut Dipl.-Psych. Alexander Georgi die wissenschaftliche Auswertung zur Qualitätsmessung der medizinischen Leistungen. Gerade im nicht-operativen Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie ist dies sehr komplex und aufwändig. In einem Gespräch mit Alexander Georgi sind wir dem nachgegangen.

Warum ist die Qualitätsmessung im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie besonders schwierig?

A. Georgi: „Das liegt zum einen an den unterschiedlich definierten Teilbereichen von Qualität. So beschreibt die sog. Strukturqualität die in einer Klinik vorhandenen Ressourcen, z. B. die Anzahl der Ärzte und Therapeuten pro Patient; die sog. Prozessqualität beschreibt, wie oft die von Experten als notwendig erachteten Maßnahmen bei der Patientenbehandlung getroffen wurden und welche Verfahren angewendet werden. Die sogenannte Ergebnisqualität beschreibt, wie stark sich der Gesundheitszustand des Patienten gebessert hat. Die wissenschaftliche Diskussion darüber, welches dieser Maße das Beste ist, wird schon lange geführt. Wir versuchen, mit unseren Methoden alle zu erfassen, legen aber besonderes Gewicht auf die Ergebnisqualität, da dies natürlich am interessantesten für unsere Patienten ist.
Zum anderen aber ist die Sicht unserer Patienten auf Behandlungsergebnisse, Behandlungsqualität und Besonderheiten der Unterbringung in unserem Hause naturgemäß durch die vorbestehende Erkrankung sehr häufig starken subjektiven Beurteilungen unterworfen. Hier gilt es, diese Einflussfaktoren intelligent herauszufiltern und dennoch objektivierbare Qualitätsergebnisse zu erzielen.“

Wie gehen Sie in Ihrer Qualitätsmessung vor?

A. Georgi: „Wie schon angedeutet verwenden wir für unsere Untersuchungen wo immer möglich etablierte und in unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen validierte Messinstrumente, z. B. Fragebögen zur Symptomschwere. Kürzlich haben wir die Ergebnisse unserer Untersuchung von über 1400 Patienten zu unserer Ergebnisqualität, also dem Vergleich des Gesundheitszustands vor und nach der Behandlung, in einem renommierten internationalen public-access Fachjournal für Psychologie veröffentlicht, wo jeder die Details der kompletten Untersuchung einsehen kann; außerdem präsentieren wir unsere Untersuchungen und die Ergebnisse auf großen Fachkongressen, um eine breite wissenschaftliche Diskussion zu ermöglichen.“

Muss der Patient dabei eine aktive Rolle spielen?

A. Georgi: „Wir möchten die Zusatzbelastung durch unsere Qualitätsmessungen für unsere Patienten natürlich so gering wie möglich halten, d.h. auch so wenig wie möglich in den Behandlungsablauf eingreifen. Deshalb haben wir ein Standarddiagnostikpaket zusammengestellt, das sowohl für die Behandlung als auch für unsere Untersuchungen wertvolle Daten liefert und unsere Patienten nicht unnötig Zeit und Energie kostet. Eine wichtige Rolle hat bei diesen Überlegungen natürlich auch der Grundsatz der sogenannten Datensparsamkeit gespielt – so wenig Daten wie irgend möglich sammeln und diese nur anonymisiert auswerten, um die Persönlichkeitsrechte unserer Patienten effektiv zu schützen. Trotzdem haben unsere Patienten die Möglichkeit, auch sehr individuelle und spezifische Rückmeldungen zu geben, wenn sie das wollen; dann können wir natürlich noch gezielter reagieren.“

Wie sichern Sie Wissenschaftlichkeit und Vergleichbarkeit?

A. Georgi: „Zunächst einmal durch den Einsatz von Personal mit Erfahrung in der wissenschaftlichen Forschung. Wir leisten uns eine eigene Abteilung, die sich mit diesen Fragestellungen befasst. Dabei folgen wir den aktuell gültigen Empfehlungen für wissenschaftliche Studien, indem wir sowohl die Erhebungsmethodik als auch die Berechnungen und die Ergebnisse veröffentlichen und damit nachvollziehbar machen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, wie schon erwähnt, die Vergleichbarkeit mit anderen Häusern, die wir durch den Einsatz gleicher oder wenigstens vergleichbarer Messinstrumente und die Veröffentlichung unserer Ergebnisse ermöglichen. Die Überschrift, die über all dem steht, ist „Transparenz“: nur durch die Sicherung der Überprüfbarkeit und die tatsächlich stattfindende Überprüfung unserer Methoden und Ergebnisse durch unabhängige Experten können wir Wissenschaftlichkeit und Vergleichbarkeit garantieren. Deswegen veröffentlichen wir unsere Untersuchungen auch in nationalen und internationalen wissenschaftlichen Fachjournals, um diese unabhängige und strenge Überprüfung durch Fachleute im sog. Peer-review-process sicherzustellen.“

Das klingt alles sehr umfassend. Was kann nun der Patient daraus ableiten?

A. Georgi: „Für unsere Patienten ist es deutlich erkennbar, dass wir höchste Standards erheben und kontrollieren und dass es auch gesicherte Nachweise für die Wirksamkeit unserer Behandlungen gibt. Durch die Kombination der dargestellten objektiven Erhebungsmethoden von auswertbaren Daten ist eine kontinuierliche Qualitätsmessung und Qualitätssicherung der Therapie auch für unsere Patienten, die uns ja mit dem Ziel eines möglichst nachhaltigen Therapieerfolges aufsuchen, objektiv nachvollziehbar.“

Autor:

Psychologe Alexander Georgi

Dipl.-Psych. Alexander Georgi

Psychologe


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